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Leserbriefe

RSF stellt Strafanzeige gegen Alexander Lukaschenko

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Belarus

Diese Meldung auf der Website: www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/rsf-stellt-strafanzeige-gegen-lukaschenko


 

Reporter ohne Grenzen (RSF) hat gestern Abend beim litauischen Generalstaatsanwalt Strafanzeige gegen Alexander Lukaschenko gestellt. Grund ist die erzwungene Umleitung des Ryanair-Flugs RF4978 von Athen nach Vilnius. RSF zeigt den belarussischen Präsidenten wegen „Entführung eines Flugzeugs mit krimineller Absicht" gemäß Artikel 251 und 252-1 des litauischen Strafgesetzbuches an. Nach der Landung war der Journalist Roman Protasewitsch verhaftet worden.

Die RSF-Anzeige zeichnet die Ereignisse vom 23. Mai detailliert nach. Die Behauptung aus Minsk, der Flug habe aufgrund eines Bombenalarms umgeleitet werden müssen, hält RSF für eindeutig vorgeschoben. Es gebe „viele glaubwürdige Indizien, dass die belarussische Regierung einen falschen Alarm ausgelöst hat, um das Flugzeug zur Landung zu zwingen und den Journalisten festzunehmen", heißt es in der Beschwerde.
„Wir zeigen Alexander Lukaschenko persönlich an, weil diese Entführung mit terroristischem Hintergrund direkt und offenkundig auf sein Betreiben geschehen ist", sagt RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Das litauische Strafgesetzbuch stellt eine Flugzeugentführung, die ‚das Leben oder die Gesundheit der Crew oder der Passagiere gefährdet‘, unter Strafe. ‚Terroristische Zwecke‘ sind damit definiert, dass sie ‚beabsichtigen, die Öffentlichkeit oder Teile davon einzuschüchtern‘. Dieses Vorgehen ist beispiellos. Lukaschenko will die ganze Gesellschaft einschüchtern, besonders aber Journalistinnen und Journalisten."

Neben Protasewitsch waren 125 weitere Personen an Bord, darunter auch Sofia Sapega, die Freundin des 26-Jährigen. Der Journalist lebt seit 2019 in Polen und war Chefredakteur des Telegram-Kanals Nexta. Dieser galt seit dem Beginn der Proteste in Belarus am 9. August 2020 als eine der wichtigsten Informationsquellen.

Straftatbestände nach litauischem Recht

Dass ein Militärflugzeug mit Waffengewalt einem zivilen Flugzeug droht, um es unter dem Vorwand einer Bombendrohung zur Veränderung seines Kurses zu zwingen, stellt nach litauischem Recht eine Straftat dar. Artikel 251 des litauischen Strafgesetzbuches kriminalisiert die Entführung eines Luftfahrzeugs mittels einer Schusswaffe, einem Sprengsatz oder anderen Dingen, die Leben oder Gesundheit von Besatzung oder Passagieren bedrohen.

Präsident Lukaschenkos Anweisung an ein belarussisches MiG-29-Kampfflugzeug, den Ryanair-Flug abzufangen, bedroht nach RSF-Auffassung „Leben oder Gesundheit von Besatzung oder Passagieren". Zudem beschreibt die Beschwerde die vielen Indizien dafür, dass der Bombenalarm dem Vorwand diente, das Flugzeug zur Landung zu bringen und Roman Protasewitsch festzunehmen.

Die RSF-Anzeige verdeutlicht weiterhin, dass der Hauptzweck der Festnahme die Einschüchterung der Öffentlichkeit war. Adressiert sind besonders die kritischen Medienschaffenden in Belarus und im Ausland. „Zweifellos soll eine solch beispiellose Entführung und Protasewitschs Festnahme die belarussischen Journalistinnen und Journalisten einschüchtern, und zwar in und außerhalb des Landes. Sie sollen wissen: Das Regime kann sie aufspüren und festnehmen, egal, wo sie sich gerade aufhalten. Es wird nicht zögern, alle Menschen festzunehmen, die es kritisieren", heißt es in der Beschwerde.

Im belarussischen Fernsehen war zu sehen, wie ein sichtlich gezeichneter Protasewitsch ein mutmaßlich erzwungenes Geständnis ablegte. Er habe sich schuldig gemacht, „Massenaufstände" organisiert zu haben. RSF hält diesen Vorgang für ungeheuerlich. Die Verbreitung des Videos verletzt die Menschenwürde und das Recht auf körperliche Unversehrtheit eklatant. Es ist ein weiterer Beleg für die zynische Einschüchterungsstrategie des Regimes in Belarus.

Versuch, die EU zu destabilisieren

RSF ist außerdem der Ansicht, dass die belarussische Regierung mit der Entführung die Europäische Union destabilisieren will. „Ein europäisches Flugzeug wurde attackiert, das zwischen zwei europäischen Hauptstädten unterwegs war, in einem EU-Mitgliedsstaat (Polen) registriert war und einem Unternehmen aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat (Irland) gehört. Diese Entführung sollte ein Test für die EU sein. Das hat die gestrige Reaktion des europäischen Rats verdeutlicht", so das RSF-Schreiben.

Artikel 7 des litauischen Strafgesetzbuchs konstatiert: „Vor diesem Gesetzbuch müssen sich alle Personen verantworten, die einen terroristischen Akt oder kriminelle Akte, die mit Terrorismus in Verbindung stehen, begehen, egal, welcher Nationalität sie angehören, wo sie ihren Wohnsitz haben, wo der kriminelle Akt vollzogen wurde oder ob er gemäß der am Ort seines Vollzugs geltenden Gesetze bestraft worden ist."

Die RSF-Anzeige zielt auf Präsident Lukaschenko und jede weitere Person ab, die von den Ermittlerinnen und Ermittlern als mitverantwortlich ausgemacht wird. Die Staatsanwaltschaft muss definieren, ob Lukaschenko in seiner Funktion als Staatsoberhaupt Immunität beanspruchen kann, wenn die erhobenen Vorwürfe möglicherweise nicht in den Zuständigkeitsbereich seines Amtes fallen. Eine jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe legt jedoch nahe, dass er eine solche Immunität nicht beanspruchen kann.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Belarus auf Platz 158 von 180 Ländern.

Weitere Informationen finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/belarus.
PM

26.05.2021

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