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Leserbriefe

IG Metall Pforzheim fordert bessere Integration von schwerbehinderten Menschen in den Betrieben.

Bild: Karikatur zum Thema Schwerbehinderte im Betrieb (Foto: IGM)

Karikatur zum Thema Schwerbehinderte im Betrieb (Foto: IGM)


Die geplante Erhöhung der Ausgleichsabgabe für Betriebe, die zu wenig oder gar keine schwerbehinderten Menschen beschäftigen kann hierzu beitragen.

Witzenmann und Mahle vorbildlich bei der Beschäftigung von behinderten Menschen
Im von der Bundesregierung beabsichtigten Gesetz, dessen Entwurf in der heutigen Sitzung des Bundestags erstmals beraten wird geht es unter anderem darum, eklatante Verstöße von Arbeitgebern, die gegen ihre gesetzlichen Verpflichtung 5 der% schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen, mit höheren Strafabgaben zu belegen, erklärt der Sprecher der IG Metall Pforzheim, Arno Rastetter.
Die Regierung plant bei einer Quote der Nichterfüllung von unter 5% bis 3% die „Strafabgabe von € 125 auf € 140 pro fehlenden Beschäftigten zu erhöhen.
Bei unter 3 und bis zu 2% ist vorgesehen, von € 220 auf e 245 zu erhöhen. Bei weniger als 2% soll künftig eine Ausgleichabgabe von € 360 statt bislang € 320 erhoben werden.
Neu eingeführt werden soll eine deutlich erhöhte Abgabe von 720 Euro, wenn Arbeitgeber überhaupt keine schwerbehinderten Menschen beschäftigen obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet wären. Somit hätten es Arbeitgeber die bislang keine Schwerbehinderten beschäftigen, künftig selbst in der Hand, bereits mit der ersten Einstellung einer schwerbehinderten Person erheblich Kosten zu sparen, so Gewerkschaftssekretär, Kai Müller von der IG Metall Pforzheim.
Laut Agentur für Arbeit haben bundesweit rund 132.200 Arbeitgeber die Pflichtquote von 5 Prozent nicht erfüllt und mehr als 43.700 davon beschäftigten überhaupt keinen schwerbehinderten Menschen. Der Gesetzentwurf sieht nun unter anderem vor, letztere stärker zur Kasse zu bitten.
Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit lag bei allen Arbeitslosen Ende letzte Jahres bei 155 Tagen, bei denen mit Schwerbehinderung bei 195 Tagen.
In Baden-Württemberg waren zuletzt 15 476 schwerbehinderte Menschen arbeitslos. Mit einer Quote von 9,3% sind Menschen mit Behinderung damit deutlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als nicht Behinderte.
Die IG Metall Pforzheim weist zudem darauf hin, dass die gesetzlich vorgeschriebene Quote von 5% bei den privaten Arbeitgebern in der Region Pforzheim - Enzkreis mit 3,4% deutlich unterschritten ist.
Kein Verständnis zeigt sie insbesondere gegenüber Arbeitgebern, die sich der Integration und Inklusion von schwerhinderten Menschen völlig verweigern.
Aussagen von Südwestmetall, dass es zu wenige geeignete schwerbehinderte Menschen gäbe, hält die IG Metall entgegen, dass bei rd. 3,2 Mio. schwerbehinderten Menschen im arbeitsfähigen Alter in Deutschland nur rd. 1,1 Mio. in Beschäftigung sind. Selbst wenn von den verbleibenden 2,1 Mio. nur jede/r Fünfte dem Arbeitsmarkt real zu Verfügung stehen könnte, bestünde ein Potential von über 400 Tsd. schwerbehinderten Menschen. Damit wäre die Lücke zur nicht erfüllten Pflichtquote bei gutem Willen und entsprechender Förderung von Menschen mit Behinderung durch die Arbeitgeber mehr als abdeckbar.
Dass dies geht, beweisen große Betriebe wie Witzenmann und Mahle in der Region. Bei Witzenmann in Pforzheim sind 5,3% der Beschäftigten schwerbehindert. Darüber hinaus arbeitet die Firma mit schwerbehinderten Menschen der Lebenshilfe zusammen, weiß der Schwerbehindertenvertreter bei Witzenmann, Rene´ C. Maier-Stadtaus zu berichten.
Bei Mahle beträgt die Quote gar 10,7%, so der Sprecher der Schwerbehinderten bei Mahle Sven Czmal. Für ihn steht fest: „Die Wiedereigliederung von Mitarbeitern mit Handicap, gestaltet sich gerade an einem Produktionsstandort wie Mühlacker zunehmend schwieriger, aber nicht unmöglich". Durch die Hilfe des Integrationsamtes, u.a. mit technischen Hilfsmittel oder Beschäftigungssicherungszuschüssen hat es das Integrationsteam bei Mahle fast immer hinbekommen, gehandicapte Mitarbeiter weiter in Beschäftigung zu halten.
Aus zutiefst humanitären Gründen und auch angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels fordern die Schwerbehinderten-Vertretungen in der Region, die sich in regelmäßigen Abständen bei der IG Metall Pforzheim treffen und austauschen einen höheren Anteil an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen in den Betrieben. Dass dabei Arbeitgeber, die eine Null-Quote vorweisen, ab 2024 finanziell für ihr Verhalten stärker bestraft werden sollen, wird von den Schwerbehindertenvertreter*innen ausdrücklich begrüßt.
Dieses Nichtstun sei zudem auch gegenüber den Unternehmen, die sich schon bisher fair und bemüht zeigen, ein unsolidarischer Akt.
Im Übrigen habe Schwerbehinderung und Leistungsfähigkeit nur bedingt etwas miteinander zu tun. Bei entsprechender Gestaltung des Arbeitsplatzes und mit organisatorischen Maßnahmen könne hier in den Betrieben vieles bewegt werden. Dafür gäbe es finanzielle staatliche Unterstützungs-Möglichkeiten, die es aber weiter auszubauen gelte. Arbeitgeber können für die Einstellung von schwerbehinderten Menschen Fördermittel des Integrationsamtes, der Arbeitsagentur und der Deutschen Rentenversicherung in Anspruch nehmen, um Arbeitsplätze behindertengerecht zu gestalten.
Die IG Metall - Schwerbehinderten-Vertretungen betonen aus ihrer Praxis-Erfahrung heraus, dass es stets auch um konkrete Einzelschicksale geht und ein entsprechender Ausbildungs- und/oder Arbeitsplatz schwerbehinderte Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen glücklich macht.
Die Arbeitgeber seien zudem in gesellschaftspolitischer Verantwortung. Es gelte auch dort, Barrieren in den Köpfen abzubauen. Eine, wie von Südwestmetall gar geforderte Lockerung der bestehenden gesetzlichen Regelungen, ist aus Sicht der IG Metall Pforzheim hingegen völlig deplatziert und kontraproduktiv, so der verantwortliche Gewerkschaftssekretär Kai Müller.
PM/igm

02.03.2023

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