Leserbriefe
Zukunftsprojekt Alter Schlachthof versus Veolia-Standort in der Oststadt
Anfrage Bauantrag Firma Veolia
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Boch,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Volle,
sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben Kenntnis davon bekommen, dass die Firma Veolia am Standort Kleiststraße keine
offizielle Betriebserlaubnis hat. Das bedeutet, es gibt keine baurechtliche Genehmigung für
die erfolgende Nutzung, die seit Jahren dort existiert. Sie wird offensichtlich geduldet.
Gleichzeitig läuft ein Bauantragsverfahren der Firma Veolia für den Standort Kleiststraße, um
die Nutzung an dieser Stelle genehmigen zu lassen.
Dies steht unseres Erachtens im Widerspruch zu folgenden Beschlüssen und Fakten:
• Der Stadtverwaltung ist seit vielen Jahren bekannt, dass es Beschwerden der Anwohner:innen direkt gegenüber von Veolia an der Kleiststraße gibt. Unser
Fraktionsmitglied Stadtrat Christof Weisenbacher hat sich schon vor 10 Jahren mit Anwohner:innen zu diesem Thema ausgetauscht. Die Anwohner:innen sind und
waren geplagt von Lärm, Gestank und Ungeziefer durch den Abfallumschlag von Veolia an diesem Standort. Die Stadtverwaltung hat in häufiger Korrespondenz mit
Stadtrat Weisenbacher in den letzten Jahren immer wieder betont, dass Veolia den Standort perspektivisch verlassen wird.
• Auf Grund dieser massiven Beschwerden der Anwohner:innen wurde unseres
Wissens nach eine Vereinbarung mit Veolia getroffen, dass die Firma Veolia den Standort bis Ende 2023 verlässt.
• Veolia ist nach wie vor an dem Standort Kleiststraße. Die Nutzung als Abfallentsorger
gegenüber einem Wohngebiet ist atypisch und müsste, wenn überhaupt zulassungsfähig, zumindest in Hallen stattfinden. Doch das Gegenteil ist der Fall;
sämtliche Nutzung findet aktuell im Freien statt.
• Der Gemeinderat hat die Verwaltung beauftragt, eine Rahmenplanung für die Oststadt und das Gebiet Kleiststraße durchzuführen und das Gebiet für Gewerbe und
Wohnen zu entwickeln.
• Der Planungs- und Umweltausschuss hat im April dieses Jahr einen Bebauungsplan für das ganze Gebiet aufgestellt mit dem Ziel planungsrechtliche Voraussetzungen
für die städtebauliche Neuordnung des Gebietes zu schaffen und die Umnutzung des Alten Schlachthofareals mit vier Neubauten und ca. 100 Wohneinheiten.
• Die Gewerbekultur Pforzheim eG plant direkt gegenüber die Entwicklung des
Schlachthof-Areals mit gemeinschaftlichem Wohnen, Arbeiten, Kunst und Kultur.
• Der Gemeinderat hat dazu 2022 einen Beschluss gefasst. Es fließen aktuell
Landesfördermittel in Höhe von 1,5 Mio. € in dieses Projekt.
• Mit Fortschreibung des Flächennutzungsplans wurde Ende letztes Jahr vom
Gemeinderat beschlossen, das Gebiet als Mischgebiet auszuweisen.
Der Betrieb von Veolia und die Genehmigung der Nutzung als Abfallentsorger ist in einem Industriegebiet richtig aufgehoben. Der Weiterbetrieb von Veolia und die Genehmigung der Nutzung am Standort Kleiststraße macht jedoch die vorgesehene Charakteristik eines
Mischgebiets zunichte. Wohnungsbau wäre an dem Standort so nicht sinnvoll zu entwickeln.
• Die Fortschreibung des Flächennutzungsplans an dieser Stelle ein Mischgebiet
auszuweisen, wird in Frage gestellt.
• Der Beschluss des Gemeinderates zur Entwicklung des Areals Alter Schlachthof wird
in Frage gestellt.
• Die Verwendung der erhaltenen Landesfördermittel zur Entwicklung des Alten
Schlachthofs werden in Frage gestellt.
• Die Beschwerden der Anwohner:innen in der Vergangenheit werden ignoriert.
Wir haben zu diesem Vorgang folgende Fragen:
1. Ist es richtig, dass die Firma Veolia für die erfolgende Nutzung als Abfallentsorger
unter anderem mit dem Betrieb einer Abfallumschlaganlage am Standort Kleiststraße keine baurechtliche Genehmigung hat?
2. Ist es richtig, dass es eine Vereinbarung der Stadtverwaltung mit der Firma Veolia
gibt, die besagt, Veolia verlässt den Standort Kleiststraße bis Ende 2023?
Falls ja, warum ist das nicht erfolgt?
Wir möchten diese Vereinbarung einsehen.
3. Ist der Bauantrag der Firma Veolia unbefristet oder befristet für den Standort
Kleiststraße gestellt? Wir möchten diesen Bauantrag einsehen (Flurstücke 7236,
2994/3).
4. Wie gedenkt die Stadtverwaltung mit dem Bauantrag umzugehen angesichts der
oben beschriebenen Widersprüche?
5. Wird im Lärmgutachten der Firma Veolia berücksichtigt, dass hier ein Mischgebiet mit
Wohnnutzung geplant wird und entwickelt werden soll? Werden Immissionspunkte an
den am Standort Alter Schlachthof vorgesehenen Wohngebäuden einbezogen? Wird berücksichtigt, dass sämtlicher zulässiger Lärm bereits durch die Firma Gastromaster
Aldinger erzeugt wird? Wie gedenkt die Stadtverwaltung mit dem Thema Lärm im Rahmen der Genehmigung umzugehen?
6. Falls eine Genehmigung des Bauantrags erfolgt, wird dieser befristet oder unbefristet
sein? Wenn befristet, welchen Zeitraum hat die Befristung?
7. Falls eine Genehmigung des Bauantrags erfolgt, welche Auflagen wird die
Genehmigung enthalten? Was für eine Art Betrieb wird der Firma Veolia ermöglicht/genehmigt?
8. Falls eine Genehmigung des Bauantrags erfolgt, wird diese den Umschlag de Gelben Sack Abfalls beinhalten, wenn die Firma Veolia zukünftig wieder mit der
Entsorgung des Gelben Sack Abfalls beauftragt wird? Wird diese Nutzung ausgeschlossen?
9. Falls eine Genehmigung des Bauantrags erfolgt, wie rechtfertigt die Stadtverwaltung
die Genehmigung angesichts der oben aufgeführten Beschlüsse zur Rahmenplanung und Planung der Entwicklung des Alten Schlachthof Areals?
10. Falls eine Genehmigung des Bauantrags erfolgt, wie rechtfertigt die Stadtverwaltung
die Genehmigung angesichts der Fortschreibung des Flächennutzungsplans mit der
Ausweisung des Gebietes als Mischgebiet?
11. Falls eine Genehmigung des Bauantrags erfolgt, wie rechtfertigt die Stadtverwaltung
die Genehmigung angesichts der seit Jahren bestehenden massiven Beschwerden der Anwohner:innen in der Kleiststraße bezüglich Lärm, Gestank und Ungeziefer?
12. Wir haben Kenntnis davon, dass die Gewerbekultur Pforzheim eG als Nachbar von Veolia zu dem Bauantrag der Firma Veolia nicht gehört wurde. Des Weiteren wurde
die Gewerbekultur Pforzheim eG vom Baurechtsamt nicht über den Antrag informiert.
Warum wurde sie als betroffene Nachbarin nicht angehört oder zumindest informiert?
13. Wir haben Kenntnis davon, dass die Gewerbekultur Pforzheim eG Ende letztes Jahr
die Einsicht sämtlicher Bauakten beantragt hat, auch diejenigen für die Firma Veolia.
Zum Termin waren die Akten zu Veolia nicht verfügbar und bis heute hat man der Gewerbekultur Pforzheim eG keine Akteneinsicht ermöglicht. Warum war es nicht
möglich der Gewerbekultur Pforzheim eG Akteneinsicht in die Bauakten zu Veolia gewähren? Kann die Akteneinsicht jetzt gewährt werden?
Eine Veränderungssperre, § 14 BauGB, ermöglicht es den Gemeinden während des Verfahrens der Aufstellung eines Bebauungsplanes zu verbieten, dass in einem bestimmten
Gebiet Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB stattfinden. Die Gewerbekultur hatte sich für eine
Veränderungssperre ausgesprochen, was bisher abgelehnt wurde. Eine Veränderungssperre ist erforderlich, um eine Planungssicherheit zu erreichen, die die Investition in das Projekt ermöglicht.
Wir fordern die Stadtverwaltung auf, umgehend eine Veränderungssperre zu verhängen.
Des Weiteren fordern wir eine Berichterstattung in der nächsten Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses.
Mit freundlichen Grüßen
Felix Herkens (B90/Die Grünen)
Sunita Vimal (B90/Die Grünen)
Christof Weisenbacher (Wir-in-Pforzheim)
Marvin Weiß (DIE LINKE)
Anhang und relevante Dokumente:
• Fortschreibung des FNP Vorlage R1489, Anlage Nr. 3 Dokumentation Änderung der Art
der baulichen Nutzung von bestehenden Bauflächen, Stand 01.09.2023 (614 KB)
• Vorlage R1685 Aufstellungsbeschluss Bebauungspläne "Schlachthof", "Ehemaliges
Schlachthofareal" und "Alter Schlachthof, Kleiststraße 2", hier: Aufhebung bestehender
Aufstellungsbeschluss, Fassung neuer Aufstellungsbeschlüsse
• Vision Alter Schlachthof, Präsentation vom Planungs- und Umweltausschuss am
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