Kultur
v.l.: Ernesto Cardenal, Lutz Kliche , sein Übersetzer (Foto: R. Neff)
"Eine Sternstunde" besonderer Art gab es am Sonntag, den 14. Oktober im Forum Hohenwart. Der lateinamerikanische Theologe, Dichter, Kulturminister und Revolutionär Ernesto Cardenal (87) las aus seinem neuen Werk : „Aus Sternen geboren."
Begleitet wurde er vom Übersetzer seiner Werke, Lutz Kliche. Eigentlich war schon der Veranstaltungsort ein kleines Paradoxum, (Träger ist die ev. Kirche) denn Ernesto Cardenal ist katholischer Priester, darf aber keine Messe lesen, wie er auf unserer Rückfrage beim Pressegespräch zuvor mitteilte. „Und Rom habe sicher so seine Probleme überhaupt mit dem Begriff der Befreiungstheologie." Auf unsere Frage „ ob die Revolution ein Erfolg war" antwortete Cardenal recht lyrisch „ wenn Jesus am Kreuz gestorben ist, dann war das sicher doch nicht umsonst gewesen? " Befürcht hatte man im Vatikan offenbar , dass es nach der Revolution in Nicaragua und dem Sturz des verbrecherischen Somozaregimes 1979 eine Neuauflage „polnischer Verhältnisse" geben würde .. Was wohl eine theologische Fehleinschätzung war? Der freundliche ältere Mann mit den hellwachen Augen war noch gezeichnet von einer schweren Bronchitis, es stand auf der Kippe, ob die gutbesuchte Veranstaltung überhaupt stattfinden wird. Mit von der Partei war die „Grupo de Sal, „ die musikalische Stimme Lateinamerikas. Ernesto Cardenal las im Saal aus einem neuen Gedichtband kleine Gedichte u.a. von der Liebe zu Claudia u.a., die Liebe übrigens als Hauptthema, es wurde aber auch politisch, als er auf die Verhältnisse vor dem Sturz des korrupten Somoza-Regimes zu sprechen kam. Als z.B. Campesinos vom Militär aus Hubschraubern geworfen oder an den Hoden davon geschleift wurden. Auch Frauen und Kindern wurden nicht verschont. Der Somoza-Clan hatte sich die ganze Ökonomie unter den Nagel gerissen, Flüsse umgeleitet, Staudämme naturschutzwidrig errichtet, die Tiere dort waren vom Aussterben bedroht. Und die Tiere kehrten nach der gelungenen Revolution dann wieder dahin zurück, wie z.B. der Puma . Und Cardenal zeigte den Anwesenden eine kognitive Sicht der Weltgeschichte, als aus Urgasen das Universum entstand und damit auch die Erde, die in ein paar tausend Jahre wieder verschwinden kann. Und zeigte auch eine kritische Sicht auf den Kapitalismus, als er den unbekannten Bürgerkrieg im Kongo anprangerte, der über fünf Millionen Menschen das Leben gekostet hat, weil dort Rohstoffe für die Handyherstellung lagern . Zwischendurch gab es immer langanhaltenden Beifall für den Dichter , aber auch für die furiose Grupo de Sal, die zum Schluß noch mal auftreten musste, der grosse Applaus war Lohn der Arbeit auch für den Referenten, dessen Gesamtwerk im Peter Hammer Verlag rechtzeitig zur Buchmesse neu aufgelegt wurde. Ein gutbesuchter Büchertisch der Buchhandlung Uwe Mumm wurde auch zu einer Autogrammstunde genutzt. Ernesto Cardenal wurde noch kryptisch als er im Interview sagte, „ die Revolution war dass beste was uns im Leben passiert ist.."(Auch wenn er sich mit dem heutigen Staatschef und ehemaligen Mitstreiter Daniel Ortega mittlereweile überworfen haben soll.). Ernesto Cardenal lebt heute als Schriftsteller in der Hauptstadt Managua.
Nähere Infos unter: http://www.panyarta.com/ oder auch http://www.grupo-sal.de/
ron
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